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Cake day: November 20th, 2024

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  • Wenn Gerichte sagen “XY geht nicht” war die Antwort bisher immer “Und wer stoppt uns?”, z.B. bei dem jüngsten Vorstoß bzgl. Tren de Aragua. Der hat einfach mit dem außergerichtlichen Deportieren angefangen, obwohl Gerichte schon in Antizipation diesen Erlass für ungültig erklärt haben.

    Überhaupt sich auf das DOJ zu beziehen, wo jetzt schon mehrere Officials zurückgetreten sind; Auch da wird irgendwann ein Trump Yes-Man sitzen, der dann einfach das Gegenteil sagt. Im Zweifel geht es dann bis zum Supreme Court, und was der sagt ist ist auch nicht garantiert pro Rechtsstaat, weil er zu zwei Dritteln konservativ/korrupt besetzt ist. Die US-Verfassung ist ein nebulöses quasi-Religiöses Dokument (Trump hat sie ja sogar in seiner Bibel abgedruckt), das von dem SCotUS wie von Hohepriestern unfehlbar ausgelegt wird. Wenn die eine Begründung für etwas finden wollen, dann finden die eine.

    Und Politifact und die ganze liberale Presse sind hier sowieso mit einem Korn Salz zu genießen, weil sie Liberal-typisch wie eh und je dieses ungerechtfertigte Vertrauen in die Institutionen zelebrieren, mittlerweile den Republikanern so handzahm gegenüber sind, z.B. kaum kämpferische/unangenehme Fragen in Interviews stellen oder Beschwichtigung betreiben, während diese ihre geliebten Institutionen links und rechts demontieren. Wer da jetzt noch nicht kapiert hat, dass die US-Institutionen keinerlei Widerstand gegen Faschisten bieten und dass alles was es je brauchte jemand ist, der diese schwachen Institutionen schamlos ausnutzt, der unterstützt dieses System.



  • Natürlich darfst du Privilegien und ihre Implikationen und Problematiken diskutieren, wieso sollte jemand davon beleidigt sein? Das Problem entsteht wenn du aus den Privilegien einer einzigen Gruppe ableitest, dass eine Person dieser Gruppe selbst keine Probleme hat, nicht darüber reden darf, nichts beitragen darf, etc. und das dann Personen aus dieser Gruppe bei jeder Gelegenheit um die Ohren haust.

    Korrekt verwendet sind Privilegien eine akademische Diskussion unter Eingeweihten, ein Werkzeug um ein konsistentes linkes Weltbild zu konstruieren. Jemand der sich für linke Politik interessiert sollte zuerst damit konfrontiert werden, wie linke Politik ganz konkret deren eigenes Leben und das derer Familie und Freunde verbessern kann. Wenn die Person dann an Bord ist und sich vom Verständnis der Thematik so angenähert hat, Gesellschaftsanalyse auf der Ebene zu betreiben, dann kannst du darüber diskutieren was die systemischen(!) Auswirkungen der Privilegien von Männern sind. Bonuspunkte wenn du es dann nicht bei den Privilegien der Männer belässt, sondern intersektional vorgehst.

    Wenn man Leuten ihre Privilegien einfach nur beim Erstkontakt in einem kämpferischen Ton um die Ohren haut, dann führt das nicht nur dazu, dass man sie abschreckt, sondern auch dazu, dass andere auf der eigenen Seite, die zu dieser gesellschaftlichen Analyse nicht fähig sind, das so für sich übernehmen, wie z.B. in diesem Fall vermutlich so geschehen.



  • Ich meinte jetzt weniger, dass man nicht mit linken Personen über persönliche Probleme reden kann. Mein Freundeskreis ist größtenteils Links und da habe ich ähnliche Erfahrungen gemacht wie du, alles gute und verständnisvolle Menschen. Es ging mir aber bei meiner Aussage mehr über den öffentlichen Diskurs von gesellschaftlichen Problemen, z.B. bei Treffen von Parteien, Gruppierungen oder Organisationen.

    Ich habe hier noch mit einer anderen Person diskutiert, deren Kommentare ich aber nicht im Thread sehen kann (so ganz verstehe ich Lemmy noch nicht) und diese Person hat genau das von mir beschriebene Unverständnis an den Tag gelegt, dass man Männern ja nicht zuhören oder ihnen Erklärungsmodelle bieten müsse, denn wie Reiche wären sie ja priviligiert und ihre Interessen gegenläufig zu denen der Linken. Es würde mich wirklich wundern wenn dir solche Argumentationen noch nie begegnet wären.


  • Ja, nur dass Reiche in ihrem Privileg halt nicht doppelt so häufig obdachlos sind oder doppelt so hohe Suizidraten haben, usw. Und halt dass Reiche von linker Politik nicht genauso profitieren würden wie Männer. Genau diese Behandlung/Gleichsetzung von Männern als Klassenfeind ist es die ich hier anspreche. Das ist der Gehirnwurm der uns in diese Lage gebracht hat.

    Aber gut. Du kannst dich entscheiden was dir wichtiger ist, diese Identitätspolitik, in der du lieber den moralischen Zeigefinger schwingen willst anstatt eine Erklärungsstrategie für das Patriarchat und Privilegien zu finden, die nicht so herablassend ist, oder eben junge Männer auf die eigene Seite zu ziehen. Aber ich sehe schon wofür du dich entscheidest. Nur dann hinterher nicht so tun als wüsstest du nicht wo es her kommt. Aber wirst du sowieso.


  • Das freut mich für dich. Ich habe hauptsächlich lernen dürfen die Klappe zu halten, weil ich hier nichts zu melden habe (O-Ton). Das hat mich natürlich nicht beirrt, ich bin dadurch nicht weniger links geworden, eher mehr, weil ich mich mehr theoretisch auseinandergesetzt habe, aber ich hab mich halt auch weniger engagiert.

    Aber junge Männer, die grade anfangen sich für linke Politik zu interessieren, schreckt das schon sehr ab. Insbesondere, wenn die andere Seite ihnen Honig ums Maul schmiert und ihnen erklärt dass alle Anderen an ihren Problemen schuld sind. Einfach nur ihre Probleme anzuerkennen und sie als Mitstreiter ernst zu nehmen würde schon reichen. Aber probiere mal z.B. männliche Einsamkeit oder Suizidraten in linken Kreisen zu diskutieren, du wirst sehr schnell auf Unverständnis stoßen, es wird sich über das Problem lustig gemacht oder man nennt dich einen Sexisten, weil Männer sind ja selbst daran Schuld einsam und unglücklich zu sein. So ein Essentialismus würde bei keiner anderen Gruppe links fliegen, aber ich lese und höre es regelmäßig in Bezug auf Männer.


  • Natürlich ist das auch ein Faktor, wahrscheinlich sogar der größere Faktor. Und ich gebe nicht den Linken oder Grünen die “Schuld am Aufstieg der Rechten”, nur weil ich sage man hat sich auch auf unserer Seite von den Medien und Milliardären an der Nase herumführen lassen.

    Aber dass das Weltbild, das rechte Ideologen den jungen Männern bieten, erlogen ist, macht es nicht weniger attraktiv, und junge Menschen nicht weniger beeinflussbar. Hier wären trotzdem die Linken in der Pflicht jungen Männern ein alternatives attraktives Weltbild anzubieten, in dem sie ein Mitspracherecht besitzen und ihre Probleme ernst genommen werden. Das nicht zu versuchen ist das, was die Mitschuld verursacht, nicht dass sie dann letztlich doch Rechts werden.

    Das hat sich in den letzten paar Jahren schon stark gebessert, es wäre aber noch viel möglich. Und historischer Revisionismus, dass ja Identitätspolitik ganz sicher nicht zu dieser Abkehr der jungen Männer beigetragen hat hilft niemandem.


  • Klassenkampf bleibt ja trotzdem richtig, auch wenn die Klassenkämpfer mir stinken weil sie sich grade mit dem patriachat beschäftigen.

    Das ist wahr wenn du schon ein ideologisch gefestigter Linker bist. Ich hab mich auch nicht nach rechts treiben lassen, sondern mir nur die Lust verderben lassen mich zu engagieren.

    Aber es geht hier um junge Menschen, deren Weltbild sich immer noch herausbildet. Diese beobachten die Welt, erleben Dinge, manchmal unschöne Dinge und dann bieten ihnen Ideologien Erklärungsmodelle dafür an. Und wenn das rechte Erklärungsmodell dann halt “Gruppe X is an allem Schuld” ist und das linke Modell “du bist selbst an deinen und unseren Problemen schuld, und wir hassen dich dafür”, dann weißt du in welche Richtung die junge Person abbiegt. Das geht auch nicht plötzlich sondern festigt sich schrittweise.

    Als linke Person versucht man ja eigentlich die Hintergründe zu verstehen warum eine Person geworden ist wie sie ist und die Dinge tut die sie tut, und versucht sie dort abzuholen (Beispiel: Migranten, Religiöse, Arbeiter), aber bei Männern ist es dann auf einmal “wenn die Rechts werden haben sie es nicht anders verdient, hätten halt links werden müssen, es ist nicht unsere Aufgabe die zu überzeugen”.


  • Wieso sollten 100 Mrd (oder wie viel auch immer) Investition in Klimaschutz die Preise nach oben treiben

    Erstens rein politisch, weil die Preise sowieso nach oben gehen werden und die CDU dann den Grünen die Schuld geben wird. Zweitens tatsächlich (hier nur anteilig mit 20% aber trotzdem), weil Geld drucken mehr Inflation nach sich zieht. Streng genommen hast du recht und das Klimageld soll die vorgenommene CO2-Bepreisung kompensieren und steht daher nicht unmittelbar mit den höheren Lebenskosten durch ein Sondervermögen in Verbindung, aber:

    Und wieso sollte man zusammen mit einer Schuldenneuordnung überhaupt das Klimageld miteinbeziehen?

    Weil es vorher als Kompensation zur oben genannten CO2-Bepreisung versprochen wurde und dann war auf einmal “kein Geld mehr da”, weil der Haushalt bereits verplant war und wegen der Schuldenbremse deren Aufhebung die CDU/FDP blockiert haben keine Schulden dafür mehr aufgenommen werden konnten. Die Argumentationskette der Grünen jetzt mehr Geld für mehr Klimapolitik (die im übrigen dann die CDU plant und ausführt, also fat Chance, dass da was ordentliches dabei rauskommt) locker zu machen ist eher weniger naheliegend als die Argumentation endlich das Geld für das versprochene Klimageld zu finden, am besten rückwirkend über einen Teil der Ampel-Regierungszeit. Zumal wir uns genaugenommen noch in dieser befinden, also warum nicht von der CDU fordern ihre neu gefundene Liebe zum Schulden machen auch auf vergangene Sünden anzuwenden? Und politisch wüsste dann der Bürger woher die 1XX€ jeden Monat auf dem Konto kommen.

    Was hat das eine mit dem anderen zu tun und warum sollte man das eine abhängig vom anderen machen?

    Weil es ihnen so vom Volk um die Ohren gehauen werden wird. Mark my words. Die Grünen sind in der Opposition, und eine hohe Inflation 2025/2026 wird dennoch ihnen in die Schuhe geschoben werden, von CDU, Springer, ÖRR usw… Die Argumentation wird so aussehen: “Verteidigung und Infrastruktur haben wir unbedingt gebraucht, aber das in was uns die Grüüüüüünen da reingenötigt haben war unnötig und deswegen haben wir jetzt die Inflation.”




  • Der Punkt der Linken mit dem sozialen Ausgleich ist essentiell. Dass die Grünen das jetzt noch nicht begriffen haben ist aus meiner Sicht absurd. Das hätte die Forderung #1 in den Ampel-Koalitionsverhandlungen und dann der erste Punkt der Tagesordnung danach sein müssen, und das hätte in dieser Debatte hier die Forderung #1 sein müssen.

    Worauf es hinauslaufen wird ist, dass die Union jetzt vier Jahre die Schuld für weiter steigende Lebenskosten usw. den Grünen gibt, weil diese ja unbedingt Klimaschutz haben wollten. Das wird die Grünen schwächen, die AfD stärken und Klimapolitik langfristig weiter eher schädigen als verbessern.

    Das wichtigste und erste was wir brauchen ist ein Klimageld. Vorher brauchen wir gar nichts anderes diskutieren, weil dafür keine Bereitschaft mehr in der Bevölkerung da ist. Aber ich weiß schon woher das kommt. Für den Durchschnittsgrünen “lohnt der Aufwand nicht”, wegen hundert-irgendwas Euro überhaupt ein Klimageld einzuführen. Da fehlt die Vorstellung dafür wie die am stärksten von ihrer Politik betroffenen Leute leben.



  • Arbeit ist doch kein alles schlagender Selbstweck

    Nein, aber Wirtschaftswachstum ist es, und billige Arbeitskraft ist dazu ein Prerequisite.

    Deswegen müssen wir mehr über den Übergang von der Growth-Economy in eine Welfare-Economy reden, denn das Wirtschaftswachstum wird in den kommenden Jahren einfach immer weiter zurückgehen und ausbleibende Gewinne werden immer auf den Rücken der Arbeiter und Konsumenten ausgeglichen werden, nicht denen der Investoren. Das wissen auch Merz & Co., dass diese Abwärtsspirale stattfindet, darüber wird regelmäßig in Davos spekuliert. Aber es wird uns verkauft, dass man ja jetzt nur mal den Gürtel enger schnallen und zunehmend härter auf die Ärmsten draufschlagen muss, dann kommt alles wieder i.O. und irgendwann tröpfelt’s dann sicher wieder auf alle runter. Das entsprechende Klientel möchte gerne noch ein paar gute Jahre so weitermachen und ihre Schäfchen ins Trockene holen können, bis die Bunkeranlagen auf Neuseeland stehen und Sprengstoffhalsbänder für Wachleute und Bedienstete fertig entwickelt sind.