Lieber Satoshi Nakamoto!

“Die große Ernüchtung?” - Immer, wenn ich solche polemischen Artikel lese, frage ich mich, ob solche Autoren wirklich an das glauben, was sie da schreiben oder ob sie nur einen provokanten Schabernak mit uns treiben wollen. Einen ernst zu nehmenden Zweck wird man allerdings vielfach unterstellen müssen. Um Menschen “in epischen Ausmaßen” zu betrügen, braucht es keine Krytowährungen; um Geld aus kriminellen Geschäften zu waschen, braucht es keine Blockchain. Das geht und ging schon immer auch ohne.

Warum ignoriert der Verfasser die erheblichen technischen Unterschiede zwischen Bitcoin und den übrigen Alt-Coins? Es geht wohl nicht um eine sachliche Analyse, sondern um das Bedienen von dumpfen Vorurteilen und das schüren aufputschender Emotionen. Sachlich betrachtet, bringt die Blockchain-Technologie neue Möglichkeiten, mit weitreichenden gesellschaftlichen Auswirkungen; aber sie hat natürlich auch ihre Grenzen.

“Machtverhältnisse lassen sich nicht wegcoden” - Wer will das denn? Ober besser, wer hat denn überhaupt Angst davor? Tiefergehende Reflexionen auf diese in diesem Artikel aufgeworfenen Fragen, sucht man leider vergebens.

Lieber Satoshi Nakamoto, das hast Du nicht verdient! Du schreibst in Deinem Bitcoin-Whitepager: “Das Kernproblem konventioneller Währungen ist das Ausmaß an Vertrauen, das nötig ist, damit sie funktionieren. Der Zentralbank muss vertraut werden, dass sie die Währung nicht entwertet, doch die Geschichte des Fiatgeldes ist voll von Verrat an diesem Vertrauen.”

Und ja - recht hast Du. Wir erleben es jeden Tag: Es gibt keine demokratische Kontrolle der Zentralbanken in ihrem konkreten Tun, in keinem der Länder, die sich gerne demokratisch nennen. Hat man je die Verbrechen gezählt, die um des schnöden Fiatgeldes wegen verübt wurden? Das ist kein Bitcoin-Problem! Hat man je die Menschen gezählt, die ihr Leben lassen mussten, weil die Zentralbanken unverantwortlich, nach Belieben die Geldmenge vermehren konnten, um den politisch Verantwortlichen ihre Kriege (und das ist nur ein Finanzierungsbeispiel) zu bezahlen? Aber wer zahlt denn immer die Zeche? Wir erleben es sogar tagtäglich, wenn wir den Fernseher anmachen - aber keiner will es wahrhaben! Diejenigen, die profitieren, haben natürlich kein Interesse daran, dass jemand die richtigen Fragen stellt: Auch das war schon immer so!

Lieber Satoschi Nakamoto - weil es ja sonst niemand tut - will ich Dir an dieser Stelle ausdrücklich danken; danken dafür, dass Du den Bitcoin erfunden hast, der erste erfolgreiche Versuch, digitales Geld ohne zentrale Kontrollinstanz zu etablieren. Dass Du Erfolg hast, beweisen solche wütenden Artikel, die wir hier diskutieren, ein wahrer Stachel im Fleisch unseres etablierten Fiatgeldsystems.

Lieber Satoshi Nakamoto - Du lebst gefährlich; beim Geld hört bekanntlich alle Freundschaft auf! - Deine Anonymität ist aber Deine Lebensversicherung, eine ewige Mahnung an unsere Raffgier und spitzfindigen Boshaftigkeiten.

Viele liebe Grüße auch an Deine Kumpels aus der Cypherpunk-Community, die der digitalen Welt so viel Gutes zu verdanken hat. Nicht vergessen, sollte man auch die vielen unermütlichen Mitarbeiter, die dazu beitragen, dass sich das Bitcoin-Projekt ständig positiv weiter entwickelt, damit es den Herausforderungen der Zukunft erfolgreich stand hält. Und all jenen, die durch überzeugende, uneigennützige Bildungsarbeit mithelfen, dass das Bitcon-Projekt mit seinem Lightning-Netzwerk massentauglich wird.

Bleibt anständig und weiter so :-)

In wertschätzender Verbundenheit
ein gutmütiges Rabbit, 
nur eines unter vielen aus der Rabbit-Community,
als Fürsprecher aller namenlosen, 
friedfertigen Planetenmitbewohner guten Willens
  • fnzen@feddit.de
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    2 years ago

    Vor allem hat das Mining einen riesigen CO2-Footprint:

    Das Team um Benjamin Jones hat nun den Energiebedarf für das digitale Schürfen berechnet. Demnach hatten die globalen Mining-Aktivitäten im Jahr 2020 einen Stromverbrauch von 75,4 Terawattstunden. Das entspreche mehr Energie als Österreich (69,9 TWh) oder Portugal (48,4 TWh) im selben Jahr genutzt haben.

    https://www.zdf.de/nachrichten/digitales/bitcoins-schuerfen-kimaschaedlich-100.html

    • dreiwert
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      2 years ago

      Beitrag mit Quelle ist bei derart kontroversen Themen immer vorteilhaft. Allerdings finde ich den haeufiger genutzten Vergleich des Stromvergleichs zwischen einem dezentralen Netzwerk und einem Staat methodisch etwas fragwuerdig. Dazu kommt, dass ein direkter Vergleich auf gleicher Ebene (z.B. gegenueber anderen Online-Aktivitaeten) sich haeufig schwierig gestaltet, weil zwar #bitcoin maximal transparent ist (den Stromvergleich kann man anhand der oeffentlich verbreiteten Hashing-Difficulty mehr oder weniger ausrechnen), andere Nutzungen aber haeufig nicht. Z.B. ist #google bereits nach 2010 intransparent, was den Stromverbrauch der Rechenzentren angeht (vgl. [1], m.w.N.).

      Solange man also keine Transparenzvorschriften hat, die auch bei originaer intransparenten Akteuren sicherstellen, dass jedenfalls der Stromverbrauch offengelegt wird, ist es schwierig, serioes auf Nutzungen zu zeigen, die ggf. ueberhoehten #stromverbrauch haben.

      Was bei Bitcoin im Wesentlichen gerechnet wird, ist eine Schaetzung der seit Kenntnis des letzten Blocks versuchten unterschiedlichen Nonces mit Hilfe des Flajolet-Martin-Algorithmus ([2]), einem im Big-Data-Bereich bewaehrten Verfahren. Insofern nicht einmal unwahrscheinlich, dass u.a. aehnliche Lasten auch bei den grossen Big-Tech-Playern vorkommen.

      Soll nicht verkennen, dass es hier ein Problem gibt, das man besser gestern als morgen anzugehen hat. Aber man sollte dabei eben aufpassen, dass man empirisch korrekt vorgeht und keine Hexenjagd daraus macht.

      [1] https://www.kuketz-blog.de/nachhaltige-gruene-it-was-datenschutz-mit-umweltschutz-zu-tun-hat/ [2] https://en.wikipedia.org/wiki/Flajolet–Martin_algorithm

      • Rabbit@feddit.deOP
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        2 years ago

        Genau!

        Wenn es bei der Diskussion tatsächlich nur um die Reduzierung der Stromverbräuche ginge, was bitter notwendig ist, brauchen wir in allen Bereichen eine größere Transparenz und Vergleichbarkeit dessen, was sich unsere moderne Gesellschaft an unsinniger Stromverschwendung leistet.

        • dreiwert
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          2 years ago

          Auch wenn es mir selbst mitunter schwer faellt: Es duerfte schwierig sein, eine sachliche Debatte mit mehr als einer handvoll Leuten zu dem Thema zu fuehren, wenn man fruehzeitig versucht, Stromverbrauch als “unsinnig” oder das Gegenteil davon zu klassifizieren. Problem dabei ist, dass es sehr subjektiv ist, was man als sinnvoll erachtet und was nicht. Der Stromverbrauch dahingegen ist objektiv quantifizierbar.

          Beispiel:

          Wenn ich ein Nahverhaeltnis zur Content-Industrie habe, dann finde ich Streaming toll, obwohl ich fuer die dafuer genutzte zentralisierte Lagerung und Bereitstellung der gestreamten Inhalte enorme Ressourcen brauche. Immerhin ermoeglicht Streaming eine exakte Kontrolle darueber, wer welchen Content wann von wo nutzt. Ich kann einseitigere Geschaeftsmodelle entwerfen (z.B. Leuten Zugriff auf Content wieder entziehen, fuer den sie einmal bezahlt haben - mit Medien auf CDs und DVDs noch nicht moeglich). Ich kann mehr Werbung schalten und verkaufen. Ich kann den Content noch zum Trainieren von KI-Modellen verwerten (vgl. [1]) etc.

          Wenn ich nur Digitaltechnik nutze, um Medien zu konsumieren, wuerde ich Streaming andererseits als relativ unsinnig betrachten. Immerhin waere die blosse Bereitstellung und Nutzung von Content viel effizienter ueber dezentralere Peer-to-Peer-Protokolle moeglich, weil gerade der beliebteste Content, der beim Streaming den meisten Traffic verbraucht, besonders nahe bei irgendeinem Knoten in der Umgebung vorliegen wuerde und daher mit minimalen Uebertragungswegen ohne Rechenzentren genutzt werden koennte. Technisch betrachtet jedenfalls. Dass der hohe Stromverbrauch bei der streaming-basierten Bereitstellung auch noch vehement juristisch und durch Lobby-Arbeit verteidigt wird, steht nochmal auf einem anderen Blatt.

          Und so ist es extrem interessenabhaengig, was man jeweils als unsinnig betrachtet. Wenn man tatsaechlich den Stromverbrauch reduzieren will, dann braucht es Strategien, die alle Grossverbraucher treffen. Von einem Tauziehen darum, wessen Stromverbrauch nun unsinniger ist und zuerst reduziert werden sollte, wird sich rein gar nichts aendern.

          [1] https://www.wired.com/story/apple-spotify-audiobook-narrators-ai-contract/

          • Rabbit@feddit.deOP
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            2 years ago

            “Überflüssig” ist nicht nur subjektiv, sondern auch plakativ unpräzise für diesen Bitcoin-Kontext zuvor, bewusst so gewählt worden.

            Das jetzt angesprochene Problem betrifft aber nicht nur den Strom als Energieträger. Beim Erdgas sind wir in diesem Winter nur ganz knapp an der Notwendigkeit einer Auswahlentscheidung wegen tatsächlich verknappter Energie-Vorräte vorbei geschrammt.

            Unser demokratisch verfasster Rechtsstaat hält hierfür entsprechende Regularien bereit, die Willkür-Entscheidungen ausschließen sollten: Gesetze und Verordnungen. Nein, kein politisch Verantwortlicher übernimmt hier gerne im konkreten Fall die Verantwortung. Glück gehabt, dass wir einen so milden Winter hatten.

            Ob das langfristig aber so gut ist, wenn wir immer so weiter machen wie bisher, wird sich zeigen, wenn der letzte Gletscher in den Alpen weggeschmolzen sein wird.

    • Rabbit@feddit.deOP
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      2 years ago

      Entscheidend für die Klima-Neutralität ist aber, dass bereits heute ein Großteil des Bitcoin-Minings mit erneuerbaren Energien erfolgt (z.B. in Island, Kanada usw). Die Rentabilität der Kosten für den Energieaufwand und dem Wert des Bitcoin regelt letztlich der Markt, das heißt: In Ländern mit einem zu hohen Strompreis findet Bitcoin-Mining praktisch nicht statt.

      Proof-of-Work ist als Konsensmodell des Bitcoin gerade wegen des damit verbundenen großen Energieaufwandes essenziell und von Satoshi Nakamoto in seinem Bitcoin-Whitepaper beschrieben worden. Das Bitcoin-Netzwerk ist deshalb das sicherste der Welt, weil Energie und Zeit als allgemein gültige pysikalische Größen nicht digital gefaket werden können, das bedeutet: Die bewußt herbeigeführte und implementierte fälschungssichere Kostspieligkeit der Bitcoin-Blockchain beruht darauf, das der benötigte Energieaufwand, um das Bitcoin-Netzwerk erfolgreich anzugreifen, gewollt so hoch gehalten wird, dass es bisher keine Super-Fiat-Macht der Welt (z.B. USA, China oder Russland) geschafft hätte, soviel Energie aufzubringen, den Bitcoin zu zerstören. Satoshi Nakamoto hatte genau dieses Szenario im Kopf!

      Das nun die Träger des Bitcoin-Konsensmechanismus (Bitcoin-Miner und Bitcoin-Full-Node-Betreiber) wegen der jetzt laut werdenden öffentlichen Kritik der vermeindlichen Klima-Killer-Eigenschaften des Bitcoin) mehrheitlich einen Wechsel zu Proof-of-Stake anstreben werden, halte ich aus den oben dargestellten Gründen für äußerst unwahrscheinlich.

      Ich bin aber für die Zukunft auch hinsichtlich des Energie-Problems optimistisch. Allein, wenn ich sehe, welche zusätzlichen Protokolle neuerdings erfolgreich für den Second-Layer-Bereich des Bitcoin-Netzwerks entwickelt werden, um eine verbessserte Nutzerfreundlichkeit und weitere Usecases für die Bitcoin-Blockchain abzubilden, wird das auch den Main-Layer-Bereich des Bitcoin-Netzwerks mit seinem hohen Energieverbrauch entlasten. Außerdem werden die allgemeinen Netze und die Nutzer-Hardware immer schneller sowie leistungsfähiger werden; das Bitcoin-Netzwerk wird zukünftig insoweit ständig weiter optimiert werden, auch was seine Energie-Effizienz angeht. Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien wird weltweit Standard werden müssen. Der Bitcoin und die Blockchain-Technologie sind längst nicht am Ende!