Essenszeit. Es gibt unter anderem Pommes. Ich schüttele die Quetsch-mich-Plastikflasche meiner Lieblingssoße, um an den restlichen Inhalt zu kommen. Es kommt trotzdem nichts. Ich öffne die Flasche und stelle fest, dass noch ca. 10 % des Inhalts an unzugänglichen Stellen in der Flasche hängt. Mit dem schmalen Silikonschaber von Tupperware (RIP) bekomme ich noch etwas heraus. Ich denke darüber nach, warum wir Verpackungen kaufen, die zwar einfacher zu nutzen sind, aber durch die wir einen erheblichen Teil des Produkts verschwenden. Habe einen kleinen Anfall von existenzieller Verzweiflung im Angesicht unserer Wegwerfgesellschaft. Nehme mir vor, nur noch Soße in Gläsern zu kaufen.
Mehrweg Glas ist aus Ressourcensicht nicht unbedingt besser.
Den Einsparungen beim Herstellen stehen höhere Ressourceneinsätze bei der Logistik und beim Reinigen entgegen.
Mein Prof für Ökobilanzen hat uns eine Studie vom UBA gezeigt, wo festgestellt wurde, dass Verbundverpackungen wie Tetra Paks die beste Ökobilanz in der Studie hatten. Da wurde dann noch eine Kategorie “Lebensraum Wald” oder so ähnlich erfunden, weil man das Ergebnis politisch nicht akzeptieren wollte.
Ein paar Überlegungen dazu:
- Das Packungsdesign hat Auswirkungen auf den Restinhalt. Hier sind Tuben und gerade Zylinder am besten.
- Mehrweg ist nur in kleinen lokalen Kreisläufen effizient, wo die Wege kurz sind.
- Mehrweg ergibt erst für Produzenten einer Mindestgröße Sinn. Gläser lebensmittelsicher zu reinigen ist aufwendig, die Maschinen sind groß und teuer. Reinigen erfordert hohen Chemikalien- und Energieeinsatz.
- Hauptproblem bei feuchten Lebensmitteln sind die Anforderungen an Haltbarkeit und Lagerung. Wenn die Marmelade oder die Remoulade ungeöffnet zwei Jahre halten sollen, muss der Behälter wirklich sauber sein beim Befüllen.
Zl,Ng: es ist bis auf das Verpackungsdesign nicht so klar. Innerhalb der modernen Konsum- und Produktionsformen gibt es keine gute Lösung.
Unfundierte Meinung:
Sicher ist Mehrweg und Glas teuer und aufwendig. Aber die Plastikstrudel in den Weltmeeren sind jetzt auch nicht prickelnd. Deutschland exportieren jede Menge Plastik nach Asien und gelangt von dort ins Meer.
Zum Herstellen des Glases musst du nun mal sehr viel Energie aufwenden.
Zum Reinigen brauchst du Natronlauge, ggf. Säure und Einiges an heißem Wasser.
Es ist wie gesagt nicht trivial.
- Welche Auswirkungen hat es, wenn die Recyclingquote um 10% höher oder niedriger ausfällt?
- Welche Auswirkung hat der Energiemix.
- Wird bei der Herstellung Wärme aus Strom genutzt, oder aus dem Verbrennen fossiler Energieträger?
- Wie weit ist der durchschnittliche Transportweg?
- Wieviel Prozent der Ware müssen vernichtet werden, weil Glasbruch in der Produktion auftritt? (Wenn du dir Rückrufe bei Lebensmitteln anschaust, sind “Fremdkörper” in der Abfüllung einer der Hauptgründe)
Bei trockenen Lebensmitteln kann man dagegen Plastik leicht reduzieren. Jeder Supermarkt könnte ohne Probleme eine Unverpackt-Theke für Reis, Bohnen, Linsen, Nudeln usw. aufstellen. Da trägt dann der Konsument die Verantwortung für die Verpackung und man muss die eigene Reis-Dose vielleicht einmal im Jahr ausspülen.
Jeder Supermarkt könnte ohne Probleme eine Unverpackt-Theke für Reis, Bohnen, Linsen, Nudeln usw. aufstellen.
In der Schweiz hatte die Migros das vor ca. 2 Jahren mal. Bei meinem letzten Heimatbesuch habe ich es aber nicht mehr gesehen. Scheint bei den Kunden nicht gut genug angekommen zu sein… Aber es ist definitiv machbar.
Zugegeben, mein Lebensmittelverpackungswissen ist gering, aber was braucht es denn mehr als Wasser über 70°C, um eine Verpackung steril zu machen? Wenn was Fettiges drin ist, Tenside, die man danach wieder ausspülen kann. Ist das „hohe[r] Chemikalien- und Energieeinsatz“?
Ich hab auch meine Momente, in denen ich zum Mehrweg-Ultra werde und die Einführung der Pflicht, jedes Produkt ausschließlich in einem herstellerübergreifenden Mehrweg-Glas anzubieten. Die Gläser gibt’s dann in mehreren, verschiedenen Größen. Es würde gleich mehrere Probleme lösen: kein Müll mehr, weil jede Verpackung ein Mehrweg-Glas ist. Keine shrinkflation, es fällt sofort auf, wenn das Glas Tomatensoße plötzlich nicht mehr das 250 Gramm Glas sondern das 100 Gramm Glas ist. Einfacherer Preisvergleich: weil es nur noch 50 / 100 / 250 / 500 / 750 / 1000 Gramm Gläser gibt, gibt es keine schlecht vergleichbaren Größen wie 178 Gramm mehr. In der Regel wird jeder Tomatensoße in 250 Gramm oder 500 Gramm anbieten. Einfacherer Transport: man braucht keine Umverpackung und kann auch hier auf stabile Mehrwegträger zurückgreifen, quasi wie Getränkekisten. Ein Träger Tomatensoße passt dann auch exakt auf einen Träger Leberwurst, weil die Gläser ja auch gleich groß sind.
Dann realisiere ich, dass es für meine Kollegen schon zu schwer ist, die Mehrweg Verpackung an der Salattheke zu nehmen. Der Laden ist einfach genau unter dem Büro, du kannst die Dose einfach in den Leergutautomaten werfen und DU LÄUFST BEIM FEIERABEND SOWIESO AN DEM AUTOMATEN VORBEI VERFICKT NOCH MAL.
Also ja, mein Traum vom Mehrweg-Glas bleibt ein Traum.
Ein fantastischer Traum. Leider geht es ja eher in die gegenteilige Richtung. Da wo wir Standards haben (z.B. Bierflaschen) werden sie durch sinnbefreites Marketing-Bedürfnisse immer weiter aufgelöst.
Glas ist auch ein wichtiger Teil der Lösung des Mikroplastik-Problems. Was ein komplett unterschätztes Problem ist, das wahrscheinlich direkt nach dem Klimawandel kommt.
Glas hat natürlich auch echte Nachteile: es ist deutlich schwerer als Plastik und bricht in gefährliche Scherben. Gerade in Haushalten mit Kleinkindern ein echtes Problem, da kann ich ein Lied von singen. Allerdings sehe ich beim Thema bruchsicheres Glas noch enormes Potential. Ich habe keine Ahnung wie Panzerglas so funktioniert oder dieses Sicherheitsglas, das in kleine runde Brösel zerfällt aber sowas sollte sich ja auch auf Gebrauchsprodukte anwenden lassen. Es gibt ja diesen Mythos vom bruchsicheren DDR-Glas. Meines Wissens war das aber ein Verbundprodukt mit Blei, aber da lässt sich ja sicher noch dran tüfteln. Das coole ist: umso bruchsicherer das Glas, umso dünner kann man es wiederum machen und umso leichter wird es. Wenn wir irgendwann den Ketchup in Gläsern mit einer Wandstärke von Sektgläsern kaufen können, ist auch das Gewicht kein wirkliches Problem mehr.
Leider lohnt sich ambitionierte Forschung an Verpackungmitteln nicht, solange Plastik so unglaublich billig ist.
Ja, die Bruchgefahr ist natürlich ein Problem. Wäre schön, wenn die Forschung sich hier mehr einsetzt um an bruchsicherem und zugleich leichtem Glas zu forschen.
Ich träume mit. Wie wunderbare wäre das bitte. Hach ja.
Ergänzend dazu hätte ich neben Glas aber auch gerne für alles von weiter weg anreist auch noch mehr standardisierte Weißblech-Konserven für Oliven, losen Tee und dergleichen. Zwar können die Beulen bekommen, gehen aber nicht zwangläufig so sehr kaputt dass das Lebensmittel weggeschmissen werden muss. Und sie sind leicht, was die Umweltbelastung reduziert.
Wo genau ist da der Vorteil, wenns eh nicht Mehrweg ist? Und ich würde bei losem Tee davon ausgehen, dass es umweltfreundlicher ist eine Papierverpackung zu recyclen oder sogar eine Papier-Plastik-Verbundverpackung im Müllverbrenner zu entsorgen als Weißblech zu recyclen.
Ich habe keine Zahlen parat, aber klar ist doch Papier benötigt typischerweise Holz. Und dafür kommen gefühlt deutlich zu viele Bäume extra um. Selbst wenn das Recycling von Weißblech energieintensiver ist, gibt es einen wiederkehrenden Nutzen durch die neu enstandene Konserve. Dinge zu verbrennen erscheint mir in den allermeisten Fällen nicht zielführend, daraus gewonnene Energie dürfte nicht besonders viel sein vermute ich mal, aber auf jeden Fall nur einmalig nutzbar.
Papier wird größtenteils recyclet, sofern es einigermaßen pur eingesetzt wird (also nicht in Verbundverpackungen). Und es ist auch nicht so, als würden für die Holzproduktion in Deutschland Urwälder abgeholzt (das ist schon vor hunderten von Jahren geschehen), das sind größtenteils Holzplantagen.
Ich glaube auch, dass du massiv die Energieintensität des Einschmelzens von Blech unterschätztst. Hier mal ein paar Zahlen vom NABU: Vergleicht man Tetrapacks mit Blechdosen, verbraucht das Verbundplastik pro Tonne Inhalt (hier Tomatensauce in 500g-Packungen) 62kg CO2 und die Dose 448kg. Und Tetrapacks sind noch ziemlich schwer im Vergleich zu einer Verbundstoff-Verpackung für losen Tee, während der Gewichtsunterschied zwischen Konservendose und Teedose nicht so groß sein wird. (Quelle: https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/ressourcenschonung/einzelhandel-und-umwelt/nachhaltigkeit/30684.html (in den verlinkten PDFs werden noch mehr Zahlen genannt als in dieser komischen Slideshow).
Sehr geile Idee. Dazu noch Vorgaben zu Formen: Im Prinzip muss alles sein Zylinder sein vom Deckel bis zum Boden (nix mit Konus oder Bauch oder engem Hals), damit wirklich der komplette Inhalt restlos entnommen werden kann mit Schaber oder Finger.
Das wird nicht funktionieren, denn wenn das Glas zylindrisch ist, dann steht Gewinde und Deckel über.
Innen zylindisch und außen überstehend gibt es, und ist zum Entnehmen sehr praktisch, aber bisher nicht als Mehrweg.
Ja das sowieso. Keine dummen Formen als “Wiedererkennungswert der Marke” oder so Quatsch. Genau die Form, die technisch sinnvoll ist (Stabilität und so).
Die Reste in solchen Flaschen nutze ich dann beim meist beim Kochen. Einfach da wo es passen könnte, bissl warmes Wasser in die Flasche, gut schütteln und dann als Sauce zum Kochgut geben. Ggf. zweimal durchführen.
Verpackungen kaufen, die zwar einfacher zu nutzen sind, aber durch die wir einen erheblichen Teil des Produkts verschwenden
Ich finde nicht einmal, dass die Quetschpackung einfacher ist, wie ich mal humorvoll zu kommunizieren versuchte.
Also Tuben wie diese hier schneide ich einfach in der Mitte auf, wenn quetschen nix mehr bringt.
Die sind auch bestimmt nicht so konzipiert, damit du schneller was neues kaufst. Das ist damit du deine regelmässige Dosis an lebenswichtigem Mikroplastik bekommst.
Ich hätte die gerne in kleiner - ich futtere keine 500gr Remoulade bis die schlecht wird
naja auch bei Gläsern für Saucen haste dann das Problem, dass du nicht in die hintersten ecken kommst. Also bei den gängigen Gläsern mit Flaschenhälsen.
Ich denke dabei eher an so ein Glas:
Bestes Glas, guter Senf:
(das Glas hat einfach gar keine unnützen Einbuchtungen, es ist einfach grade, Etikett geht super mit in bisschen Spüliwasser ab, perfektes kleiner-Haushalt Marmeladenglas <3)
Glas hat einfach gar keine unnützen Einbuchtungen
Leider kein sehr schlaues Glas. Es hat oben den weit überstehenden Rand, der bei Verarbeitung, Transport und Lagerung unnötig viel Platz verschwendet.
Oh, spannender Aspekt, aus Verbraucher*innen Perspektive habe ich mich einfach über die grade Innenwand gefreut. Hast du eine Quelle dazu wie viel Platzverschwendung / CO2 Auswirkung das Glas hat?
Stell einfach mal 10.000 von den Gläsern zusammen, z.B. in einen LKW hinein.
Hätten sie außen die gerade Linie (wie z.B. das Remouladenglas oben), dann könnten sie direkt nebeneinander stehen. So aber hält der eigene Rand sie deutlich auf Abstand. Insgesamt brauchst du also mehr LKW. Und auch alles andere brauchst du entsprechend mehr: Lagerplatz, Paletten, Stapler, Karton…
Noch besser wäre es übrigens, wenn die Grundfläche der Gläser auch nicht rund wäre, sondern z.B. viereckig. Dann könnte man sie noch viel enger zusammen stellen. Aber viereckig hätte ein paar andere Probleme. Der beste Kompromiss wäre viereckig mit abgerundeten Ecken. Das gibts gelegentlich bei Getränkeflaschen.