In Deutschland sterben jedes Jahr ca. mehr als 65.000 Menschen am plötzlichen Herztod.
Ein nicht unerheblicher Teil dieser Menschen wäre zu retten wenn sie rechtzeitig Hilfe bekommen hätten. Das Problem dabei: Es geht um Sekunden bis Minuten, eine Zeitspanne die der Rettungsdienst,egal wie gut er ist kaum abdecken kann - die Bedingungen müssen schon sehr gut sein,damit wir binnen der ersten 5 Minuten nach dem Ereignis beim Patienten sind. Real liegt die Eintreffzeit am Patienten selbst unter guten Bedingungen meist eher im Bereich 12+X Minuten. Selbst wenn wir den Patienten dann erfolgreich reanimieren können ist der Hirnschaden meist fast vorprogrammiert.
Dabei könnte diesen Leuten geholfen werden. Nicht mit mehr Rettungsdienst, Drohnen, Hubschraubern oder sonstwas. Sondern mit euren Händen. Denn: Eine einfache Herzdruckmassage ist bis heute der wichtigste Bestandteil einer Wiederbelebung. Und das Beste daran? Das kann jeder. (Und ja,jeder. Ich habe schon 91 jährige alte Damen ihren Ehemann und 11 jährige Kinder ihre Mutter erfolgreich reanimieren sehen)
Nur woher soll man wissen,dass jemand Hilfe braucht wenn man nicht gerade zufällig dabei ist? Auch dafür gibt es eine Lösung: Ersthelfer-Apps.
In vielen Regionen Deutschlands gibt es mittlerweile Ersthelfer Apps die von den zuständigen Leitstellen alarmiert werden. Das System sucht dann automatisch die nächsten Ersthelfer im Umkreis und fragt diese per App an. Bei Bestätigung erhalten diese die Einsatzdaten und genaue Anweisungen (kann z.B. auch das Abholen eines öffentlich verfügbaren automatisierten Defibrillators enthalten). Je nach Region erhalten die Ersthelfer sogar eine kostenlose Basisausrüstung aus Spendengeldern. Vor Ort sollen sie dann die qualifizierte Herzdruckmassage durchführen bis die Kräfte des Rettungsdienstes eintreffen.
Leider sind die Systeme noch nicht flächendeckend verfügbar (Dank dem kommunalen Kleinklein) und vielen Leuten auch gar nicht bekannt.
Prinzipiell gibt es zwei Basismodelle. Im Modell “Fachhelfer” werden gezielt Menschen alarmiert die prinzipiell einen “medizinischen oder Blaulichthintergrund” haben. Sprich: Ärzte/Ärztinnen, Rettungsdienstpersonal, Pflegepersonal, Feuerwehrleute (auch und insb. der freiwilligen Feuerwehren), Polizisten, aber auch medizinische Fachangestellte, Bundeswehr-Kräfte mit erweiterter EH Ausbilung und das ehrenamtlichen Personal von Hilfsorganisationen,THW, etc. Aber auch diesen Kolleginnen und Kollegen ist das oft gar nicht bewusst. Derzeit ist das die Mehrheit der Regionen in Deutschland.
Im zweiten Modell kann sich prinzipiell jeder registrieren der einen aktuellen Erste Hilfe Kurs hat. Das ist z.B. in Berlin, Schleswig Holstein, Teilen von Hessen (u.a. Gießen und Umgebung),Schaumburg Lippe,Duisburg,Aachen.
Was könnt ihr also tun?
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Schaut auf den Link auf der Karte der Björn Steiger Stiftung nach,ob bei euch ein System existiert. Sucht dann die regionale Seite raus.
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Meldet euch an,wenn ihr die passende Qualifikation habt.
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Überlegt euch bei der Gelegenheit gleich mal einen Erste Hilfe Kurs zu belegen oder aufzufrischen.
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Und falls es kein System bei euch gibt: Schreibt euren Politikern dazu. Landrat, Bürgermeistern, Kreistag, Parteien.
Es gibt tatsächlich keinen unmittelbaren Weg wie ihr ein Leben retten könnt. Ich hab im Jahr 2024 häufiger über die bei uns vorhandene Ersthelfer App reanimiert als im Rettungsdienst. Und erfolgreicher.
Für Österreich gibt’s das hier: https://www.roteskreuz.at/ich-will-helfen/team-oesterreich-lebensretter
Bonus Content: Ein reales, anonymisiertes Beispiel wie sowas real ablaufen kann. Der vorliegende Fall ist so geschehen - wir haben ihn zu Ausbildungszwecken rekonstruiert und anonymisiert da wir Dank einer Überwachungskamera sehr genaue Zeitangaben hatten.
Minute -1:Eine 50 jährige Frau kommt mit ihrer Freundin von ihrer Walkingrunde zurück und will die Haustür aufschließen. Während des Walkings hat sie über Unwohlsein geklagt.
Minute 0: Kurze Zeit später ist er dann nach CH abgewandert.0: Vor der Haustür bricht die Frau zusammen. Die Freundin wählt direkt die 112. (Glücklicher Weise ist die Haustüre schon auf - die Handies lagen drin)
Minute 1: Der Disponent hat die Basisabfrage abgeschlossen und alarmiert einen Rettungswagen, ein Notarzteinsatzfahrzeug und die Ersthelfer App. Die Freundin wird in der Laienreanimation über Telefon angeleitet, dies gelingt aber nur mäßig, da die Frau psychisch sehr aufgebracht ist.
Minute 1:15: 3 Ersthelfer haben den Einsatz angenommen. Der nächste Ersthelfer ist 200m entfernt.
Minute 2:30: Der erste Ersthelfer(ein Mitglied der freiwilligen Feuerwehr) trifft per Fahrrad ein und übernimmt direkt die Herzdruckmassage.
Minute 3: Die zweite Ersthelferin(eine Pflegekraft) trifft ein. Sie übernimmt die Beatmung und wechselend auch die Herzdruckmassage mit dem bereitgestellten Erstversorgungsset.
Ca. Minute 3: Parallel trifft der dritte Ersthelfer am öffentlich verfügbaren automatisierten externen Defibrillator (AED) ein. Leider muss er feststellen, dass dieser derzeit nicht verfügbar ist. Er sucht die Einsatzstelle daher ohne Defibrillator auf.
Minute 5: Der dritte Ersthelfer (ein Rettungssanitäter in Rente) trifft ein und unterstützt bei der Herzdruckmassage.
Minute 11: Der Rettungswagen trifft ein. Da die Herzdruckmassage gesichert ist könne wir uns auf die erweiterte Versorgung der Patientin konzentrieren.
Minute 11:30: Der erste Schock wird abgegeben.
Minute 16:00: Die Patientin ist mittlerweile voll versorgt,d.h. ein künstlicher Beatmungsschlauch wurde gelegt, ein Zugang zur Medikamenten Applikation wurde geschaffen und die erste Dosis Adrenalin wurde gegeben. (Für die KollegInnen: VL ET, i.o Humerus)Parallel wurde die Herzdruckmassage durch die Ersthelfer (freiwillig auf ihren Wunsch hin weiter eingebunden) weitergeführt und regelmäßig defibrilliert.
Minute 17:30: Nach einem weiteren Schock konvertiert der Rhythmus und die Patienten entwickelt wieder einen eigenen Kreislauf.
Minute 19:00 Wir müssen die Patientin sedieren, da sie mittlerweile versucht gezielt nach dem Tubus zu greifen. (Ein gutes Zeichen)
Minute 20: Das Notarzteinsatzfahrzeug trifft ein.
Minute 22: Die Patientin ist transportbereit und im nächsten Herzkatheter vorangemeldet - sie zeigt massive Zeichen eines Infarkts.
Im Verlauf wird die Patientin leider kurz vor der Klinik erneut reanimationpflichtig und wird von uns unter mechanischer Reanimation (quasi eine maschinelle Herzdruckmassage) im Herzkatheter vorgestellt, dort gelingt sowohl die Reanimation als auch die Gefäßeröffnung. Im Verlauf werden drei Stents gesetzt. Die Patientin wird am 2 Post-Ereignis Tag auf der Intensivstation extubiert (=Beatmungsschlauch wird entfernt) und am Tag 7 ohne neurologische Folgeschäden entlassen.
Finds krass wie schnell das alles ging. Vor allem 1:30 bist die erste Person da war ist krass.
Sorry für offtopic aber dei dem “AI” slob kriegt man ja augenkrebs
Legit
Dann lieber gar kein Bild.
Ja. Definitely.
Grundätzlich fände ich sowas gut. Aber wenn das Aufmacherbild offensichtlich KI-generiert ist und man auf der Website zuerst mit einem riesigen Cookiebanner begrüßt wird, dann ist das interesse gleich mal gedämpft.
Dir ist klar,dass es sich hierbei nur um eine Stiftung handelt,die halt als einzige eine Übersicht bereit stellt? Du kannst genauso die Suchmaschine deiner Wahl benutzen und nach “Dein Landkreis” und “Ersthelfer app” goggeln.
Oder die Stiftung gibt sich mehr mühe die Website nicht abschreckend zu gestalten.
Jo. Die Stiftung müsste sich bei vielen Dingen mehr Mühe geben.
Aber leider kann ich das nicht beeinflussen, es gibt derzeit keine alternative Quelle und die Stiftung hat auch null mit den Anbietern vor Ort zu tun.
Und meine Motivation das jetzt nur wegen einem schlechten AI Bild und einem Cookiebanner selber aufzubereiten und in Folge aktuell zu halten ist leider auch eher -1.
Gerade im Nachtcafé (SWR) war ein Fall wo eine Frau gerettet wurde weil ein Nachbar durch so eine App alarmiert wurde und schnell vorbei kam.
Ob die auch ohne Google Play Services funktionieren?
Probier’ es aus und berichte. ¯\(ツ)/¯
Es geht erstmal darum, sie überhaupt an den Start zu bekommen. Die 1,2% der Bevölkerung, die ohne Apple oder Google unterwegs sind, sind wahrscheinlich keine relevante Zielgruppe.
Ja lass mal Spyware als Abhängigkeit einbauen ((:
Es ist halt eine Finanzierungsfrage. Diese App Systeme werden im Regelfall komplett aus Spendengeldern oder irgendwelchen Sonderbudgets bezahlt, da die GKVen hier nicht refinanzieren müssen.
Ich kann nun natürlich die App Entwickler beauftragen das Ganze ohne Google Dienste anbieten. Das setzt dann aber die Nutzung von noch mehr eigener Infrastruktur voraus (die eh schon sau teuer ist,weil was meinst du was los ist,wenn wegen mangelnder Redundanz und HA mal jemand möglicherweise Schaden nimmt?) und damit weitere Betriebskosten. Gleichzeitig muss ich aber weiterhin eine Version mit Google Play Store Anbindung anbieten, da ich ja einen niederschwelligen Nutzerzugang erreichen will und weit über 98% der Nutzer primär PlayStore nutzen - und ich hier kaum die Nutzung von Fdroid erzwingen kann, erst Recht,da es auch Geräte gibt,auf denen dies gar nicht möglich ist (Dienstgeräte).
Von dem selben Geld,dass ich dafür ausgebe könnte ich aber halt auch ein paar weitere Landkreise aufschalten, weitere Erstversorgungsausstattungen/ Defibrillatoren kaufen oder technische Probleme wie die fehlende Kreuzkompatibilität zwischen den Systemen lösen. (Die tlw. bestehenden lokalen Einschränkungen wie “mein KatRetter geht nicht im Nachbarkreis” ist nicht technisch bedingt sondern besteht nur aufgrund des Lokalfürstentums deutscher Beamter, insb. vieler ärztlicher Leiter Rettungsdienst) Sprich: Aktiv leben retten.
Es ist am Ende wie gestern im Warn-App Thread: Es wäre besser wenn wir so weit wären,dass es hier Ressourcen dafür gäbe. Aber solange wir noch nicht mal “80%” Lösungen erreicht haben und es ja wirklich aktiv um Menschenleben geht muss man sich halt fragen,was die Prioritäten sind. Leider.
(X) Zweifel.
Ich mag meine Nachbarn aber nicht
Kantig.
Ich hasse Menschen,
die Menschen hassen.
/S, und mir ist bewusst, dass du nicht hassen geschrieben hast.
In einer anderen Internetsphäre die weniger tolerant regiert wird hätte dieser lockere Scherz wahrscheinlich einen Permaban wegen Aufruf zur Gewalt zur Folge.
Unterlassene Hilfeleistung ist noch lange keine Ausübung von Gewalt Herr Richter. Wenn dann ist das Anstiftung zu einer Straftat. get your crimes right!
Außerdem ist die Pflicht, Menschen in Not Hilfe zu leisten, eindeutig Zwangsarbeit. /s
Ich mein ja nur dass einige von und wegen solchen harmlosen Scherzen bei r/de gebannt wurden.
Hatte in unserem Landkreis letztes Jahr nach einer “First Responder Struktur” gefragt und eine extrem patzige Verneinung zurück bekommen. Und tatsächlich, wenn ich die Karte im Link ansehe, sitze ich in einem weißen Fleck. Über einen befreundeten Feuerwehrler, der dazu Seelsorger ist, habe ich mitbekommen, dass jetzt so etwas aufgebaut wird. Bestehend aber nur aus ein paar ausgewählten Personen von Feuerwehr und/oder BRK. Also nix mit “kommt und beteiligt euch alle”.
Wenn es wenigstens pro Bundesland einheitlich geregelt wäre. Stattdessen kocht jede einzelne Leitstelle (Landkreis) ihr eigenes Süppchen.
Ja…Bayern. Das ist so ein Sonderfall. Als Exilbayer kann ich da auch nur den Kopf schütteln.
Wenn man zurück blickt:
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Bayern war stellenweise mal der progressivste Rettungsdienst in DE. Ich behaupte dreist,dass der RD in München Anfang der 2000er weit über dem Niveau des restlichen Landes lag. (Leider nur nicht lange, da man das Niveau aufgrund bayerischer Lokalfürsten äh Provinz ärztlicher Leiter Rettungsdienst zurück gedreht hat)
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Bayern hat die First Responder als designierte Einheiten quasi mit erfunden. Dumm nur,dass man denen mehr und mehr Steine in den Weg legt. Und sich darauf ausruht.
Dabei hätte Bayern durch die Struktur seines Rettungsdienstes eine ideale Ausgangssituation für die Einführung der Ersthelfer Apps. Ein einziger Entscheid des IM würde genügen (und könnte sogar eine Refinanzierung durch die Kassen erzwingen). Aber: Das läuft dem Lokalfürstentum zuwider. Wie auch in Teilen NRWs gibt’s hier auch einzelne, die quasi jeden potentiellen Ersthelfer nach “Gusto” screen wollen. (Nicht meine Worte…)
Aber auch hier gilt: Da kann man was machen. Die CSU hat in Bayern gerade viel Unruhe. Man hat Angst. Schreib denen. Deinem Bürgermeister, Landrat, Kreistag, Landtagsabgeordneten, der Lokalpresse. Das hilft erstaunlich viel.
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Rettet das Leben eurer Nachbarn
Nein danke. Kann ganz gut auf die Verzichten (sind allesamt ziemliche Arschlöcher)